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Virushepatitis durch Anpassen beim Augenoptiker oder Hornhautentzündung durch mangelhafte Wirksamkeit der Pflegesysteme zu Hause?
Verantwortlich:
Prof. Dr. med. Axel Kramer
Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Medizinischen Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Kontakt: kramer@uni-greifswald.de
Erkrankungsrisiken
Träger weicher Kontaktlinsen sind in gleicher Weise wie Patienten mit Augenverletzungen und mit Immunschwächesyndrom eine Risikogruppe für bakterielle Entzündungen der Augenhornhaut (Keratitis). Im Unterschied zu den problemlos aufbereitbaren harten Kontaktlinsen ist das Keratitisrisiko bei Trägern weicher Kontaktlinsen 14mal höher. Mitte der 90er Jahre ereigneten sich in England etwa 65 % aller neuen Keratitisfälle bei Trägern weicher Kontaktlinsen. In den USA treten etwa 30.000 infektiöse Keratitiden pro Jahr auf, davon sind 8.000-12.000 mit dem Tragen von Kontaktlinsen assoziiert. Für Deutschland werden 3.000-4.000 Kontaktlinsen-assoziierte Erkrankungen pro Jahr geschätzt.
Parallel zur Zunahme dieser Erkrankungen ist ein Erregerwechsel in der Augenbesiedlung von der physiologischen Augenflora zu aggressiven gramnegativen Keimen nachgewiesen, die zugleich die häufigste Ursache der Hornhautentzündungen sind. Diese Erreger gehören zu den sog. Feucht- oder Nasskeimen, weil sie sich in Flüssigkeiten vermehren können. In Anbetracht dieser veränderten Situation beim Kontaktlinsenträger wird empfohlen, die Kontaktlinsen vor geplanten chirurgischen Augenoperationen spätestens 24 Stunden vorher zu entfernen und das Auge antiseptisch zu sanieren.
Weiterhin ist hervorzuheben, dass sich bei Kontaktlinsenträgern das Risiko einer Infektion durch im Wasser frei lebende besonders widerstandsfähige Protozoen, die Akanthamöben, etwa um den Faktor 100-400 erhöht.
Ursachen
Die Entstehung der Kontaktlinsen-assoziierten Hornhautentzündungen ist multifaktoriell, wobei die beteiligten Faktoren im Sinne eines circulus vitiosus ineinandergreifen. An erster Stelle steht zweifellos der wiederholte Eintrag von Krankheitserregern bei jedem neuen Einsetzen von zum mehrmaligen Gebrauch bestimmten Kontaktlinsen infolge der ungenügenden antimikrobiellen Wirksamkeit der Pflegesysteme, ggf. unterstützt durch mangelhafte Händehygiene (s.u.).
Folgende Faktoren begünstigen die Manifestation der Infektion:
Der Anteil Kontaktlinsen-assoziierter Hornhautinfektionen durch inadäquate Hygiene wird in der Literatur mit bis zu 2/3 veranschlagt. Fest steht aber, dass bei mangelhafter Wirksamkeit der Pflegesysteme die Linsen und ihre Aufbewahrungsflüssigkeiten in Größenordnungen wie Speichel, d.h. mit bis zu 1 Million Bakterienkolonien bildenden Einheiten in 1 ml Flüssigkeit, kontaminiert sein können. Darunter finden sich alle Erreger, die eine schwere bakterielle Keratitis verursachen können und ebenso Akanthamöben.
Bei Augenoptikern konnten wir in der Lösung von Anpasskontaktlinsen darüber hinaus Adeno- und Enteroviren nachweisen, unter denen es Spezies mit hoher Aggressivität für das Auge gibt. Da bei akuter Virushepatitis auch die Tränenflüssigkeit infektiös ist, muss eine Übertragung mittels Anpasskontaktlinsenlinsen erwartet werden, weil die Pflegesysteme keine ausreichende viruzide Wirksamkeit besitzen bzw. die Viren darin sogar besonders gut überleben können.
Antimikrobielle Wirksamkeit handelsbüblicher Pflegesysteme zur Aufbereitung von Kontaktlinsen
1993 hat die Arbeitsgruppe um Prof. Werner, damals noch in Mainz, festgestellt, dass Pflegesysteme nicht die erforderliche Wirksamkeit besitzen, um in die Aufbewahrlösung gelangte Erreger in ausreichender Anzahl abzutöten. Parallel dazu wurden alarmierende Keimnachweise in der Lagerflüssigkeit von Anpasskontaktlinsen geführt. 1995/1996 wurden analoge Befunde in Greifswald erhoben.
In Auswertung dieser Situation wurden folgende Schritte unternommen:
Die Prüfergebnisse waren erschreckend. Von den geprüften Handelsprodukten erfüllten nur 2 Präparate sogar die geringen Forderungen der o.g. Norm. Bei Eiweißbelastung, wie sie durch anhaftende Tränenflüssigkeit immer zu erwarten ist, erfüllte nur noch ein Präparat die Norm. In Anbetracht der nicht akzeptablen Norm sind diese Befunde umso kritischer einzuordnen. Diese Befunde einschließlich einer umfassenden Risikoanalyse sind in einer Monographie zur Antiseptik in der Ophthalmologie zusammengefasst, die in Kürze im Karger Verlag erscheint.
Um festzustellen, ob die Pflegesysteme seit Inkrafttreten der Norm in ihrer antimikrobiellen Wirksamkeit verbessert wurden, haben wir erneut nunmehr 15 Produkte geprüft mit analogem erschreckenden Ergebnis wie oben. Diese Ergebnisse werden auf dem 6. Internationalen Kongress der DGKH im April in Berlin vorgetragen und kommentiert.
Schlussfolgerungen
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