Als Erreger von Infektionskrankheiten kommt den Viren eine sehr viel größere Bedeutung zu als angenommen. Über 90 % aller bekannten Infektionserreger zählen zu den Viren. Ihre Bedeutung als Ursache für im Krankenhaus übertragene Infektionen wird daher auch zunehmend mehr Beachtung geschenkt. Die Übertragung von Viren kann sowohl vom Personal auf die Patienten als auch umgekehrt sowie innerhalb der Patientengruppen erfolgen. Da im Gegensatz zu den Bakterien nur in wenigsten Fällen zur Bekämpfung virale Erkrankungen therapeutische Maßnahmen zur Verfügung stehen, ist die Verhütung nosokomialer Virusinfektionen, vor allem durch die strikte Einhaltung von Hygienemaßnahmen möglich. Die Rate viraler Infektionen ist in den verschiedenen Bereichen eines Krankenhauses recht unterschiedlich. So sind im internen, chirurgischen und gynäkologischen Bereich bis zu 5% aller nosokomialen Infektionen viralen Ursprungs. Die höchste Rate bis zu 50 % wird im pädiatrischen Bereich beobachtet. Diese hohe Rate in der Pädiatrie liegt sicherlich daran, dass Neugeborene und Kleinkinder zu dem sensibelsten Patientenkreis gehören. Aufgrund ihres nicht ausgereiften Immunsystems sind sie deutlich höher gefährdet als Erwachsene. Nach Abklingen der mütterlichen Leihimmunität können Kinder mit einer Vielzahl von Krankheitserregern, darunter besonders von Viren, infiziert werden. Dabei verursachen sicherlich einige eher harmlose Kindererkrankungen, andere werden durch die Möglichkeit von Schutzimpfungen mehr und mehr eingedämmt. Dies sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es gerade in dem Bereich der Neonatologie und bei Problempatienten (Frühgeborene) zu schweren Infektionen mit Schädigungen oder sogar letalem Ausgang kommen kann.
Eine wichtige Rolle bei der Verbreitung nosokomialer Infektionserreger spielen die Übertragungswege der verschiedenen Virusarten. In der Regel unterscheiden sich diese nicht wesentlich von denen der Bakterien. Sie können aerogen, fäkal-oral oder über Kontakt übertragen werden. Ein zusätzliches Problem ist die Übertragung durch Blut und Blutprodukte sowie bei Transplantationen. Auch medizinische Instrumente können eine Infektionsquelle sein (Endoskope). Nosokomiale Virusinfektionen sind eine besondere Gefährdung für bestimmte Patientengruppen. Dazu gehören immunsupprimierte oder in ihrer Immunreaktivität eingeschränkte Patienten, außerdem Intensivpatienten, Transplantations- patienten sowie Patienten unter immunsuppressiver Therapie (Tumorpatienten und AIDS-Patienten).
Erschwerend kommt hinzu, dass eine Reihe von Viren chronische oder latente Infektionen verursachen. Bei einer chronischen Infektion (chronische Hepatitis) wird ständig Virus produziert und die Patienten gelten als infektiös. Bei latenten Infektionen (Herpesvirusgruppe) können diese zu jeder Zeit, entweder durch immunsuppressive Behandlung, spezifische Therapien, aber auch spontan reaktiviert werden und so ein nicht überschaubares Virusreservoir bilden. Darüber hinaus ergeben sich, anders als in der Bakteriologie bei viralen Erregern, häufig Schwierigkeiten der äthiologischen Diagnostik sowie der spezifischen Therapie. Zwar haben molekularbiologische Methoden der Schnelldiagnostik hier in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, können jedoch aus Kostengründen häufig nicht voll ausgenutzt werden. Da antivirale Substanzen und spezifische Impfungen nicht immer zur Verfügung stehen, ist die Einhaltung der vorgeschriebenen Hygienerichtlinien ein wesentlicher und wichtiger Schritt in der Bekämpfung von virusbedingten nosokomialen Infektionen. Durch gezielte Desinfektions- und Sterilisationsmaßnahmen ist es möglich, Infektketten innerhalb des Krankenhauses zu unterbrechen.
GIT SterilTechnik 03/2004, S. 16, GIT VERLAG GmbH & Co. KG, Darmstadt, www.gitverlag.com/go/steriltechnik